AhojSenn

Die Reise ins Innerste Ich beginnt im Sommer 2015 mit dem Fahrrad von Hamburg nach Venedig. Darüber habe ich gebloggt, und mir ist im Laufe der Zeit klar geworden, dass das erst der Anfang ist...


14.8.2017 - Nassereit --> Auszeithaus Auders

Es ist Dienstag, hoher Marienfeiertag im katholischen Österreich, schönstes Wetter und die letzte kleine Etappe steht an. Der Tag beginnt mit dem traditionellen Frühstück der Region, Wurstsemmel und Filterkaffee, den die Wirtin immer direkt nachschenkt, sobald meine kleine Tasse leer ist. Neben Brigitte und Andrea sitzt noch ein holländisches Paar am Tisch und wir unterhalten uns überdieMöglichkeit, von Holland aus mit dem Fahrrad anzureisen. Und die Wirtin schenkt Kaffee nach. Ich überlege kurz, ob ich ihr anbieten soll, dass ich meinen Kaffee auch selbst einschenken kann,dannwird mir klar, dass es ihr weniger um den Service und viel mehr um das Gespräch geht. Also sind wir interressanter als Radio Holiday, die Ferienwelle von Ö3, immerhin. 

Die ersten Kilometer Richtung Imst fahr ich noch mit Andrea und Brigitte zusammen, dann habe ich Platten und lass die ziehen. Auf dem Weg nach Imst überhole ich eine 2PS Pferdekutsche, die der Kutscher mit Vollgalopp in der heißen Sonne den Berg hochrast. Beim Vorbeifahren schlage ich den Fahrgästen vor, mal mit den Pferden zu tauschen, aber die missverstehen mich und halten das für einen guten Witz. Ich muss mal an meiner Außenwirkung und Überzeugungskraft arbeiten...
In Imst haben sie in der Stadt Regenschirme aufgehängt. Warum, das erschließt sich mir auch im Nachhinein nicht wirklich. Vielleich ist ein aufgehängter Regenschirm an Mariä-Himmelfahrt der Garant für einen schönen Altweibersommer oder es gibt da eine traditionelle Regenschirmweihe oder ein lokaler Künstler hatte eine Imstpiration. Whatever. Ich durchschoss die Bezirkshauptstadt auf der Berzirkshauptstrasse direkt Richtung Pitztal. Überhaupt ist Imst reich an reichlich befahrenen Straßen. Auch beim ersten Anstieg ins Pitztal fühlte ich mich wie ein Feinstaubfilter. Ich nahm hinter Arzl die erste Mointainbikealternativroute nach Wenns und zum Auszeithaus Auders. Beim Schieben den Wanderweg rauf traf ich dann wieder auf Brigitte und Andrea. 
Beim Auszeithaus angekommen bekamen die beiden dann noch eine Hausführung von Franz, bevor sie mit ihrer Alpenleichtgepäcktour weiter machten.

Ich bin also am Ziel. Mehr zum Auszeithaus gibts hier. Nach etwa 970km, einigen Höhenmetern, Gepäck, das auch bis in den Orient gereicht hätte, Löchern in den Reifen, zwischenzeitlich sehr hohem Puls und Schweissverlust, ohne Wildschweinbegegnungen, einer leicht entzündeten Archillisehne links, immer noch mit zu viel Fett am Körper bin ich nun am Ziel und hänge erst mal ein paar Tage ab.
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13.8.2017 - über den Fernpass nach Nassereith

Die Nacht im Zelt begann ruhig und wurde nur unterbrochen durch irgendwelche kleineren Säugetiere, die versuchten unter Geklöter die leere Dose mit der Pastasauce zu klauen. Da ich mit dem Buck-Knife von Anja und Markus bewaffnet im sicheren Zelt lag und die Tiere nicht grunzten oder knurrten, machte ich mir keine allzu großen Sorgen und schlief dann bis acht Uhr morgens weiter. Der Tag begann mit einem Bad im See.
Das Zusammenpacken morgens ist inzwischen zur Routine geworden. Trotzdem dauert es bis zum Start doch immer etwas länger als gedacht. Die Via Claudia Augusta entlang der alten römischen Handelsstrasse ist idyllisch und eine gute Mointainbikereifenteststrecke. Bei Roßhaupten flickte ich das kleine Loch im Vorderreifen, dass mich seit Donauwörth begleitete. Die Fahrradstation direkt am Weg war superfrequentiert, Sonntag, schönes Wetter und Mietradstation = viele Radler. Der Betreiber des kleinen Ladens hatte wenig Zeit mit mir zu sprechen. So viel bekam ich aus ihm heraus: seit 27 Jahren in Oberbayern, vorher seit 1982 in Berlin, davor aus Dresden. 1982 von der BRD als DDR Häftling freigekauft. Er meinte, er wäre froh, beide Systeme kennen gelernt zu haben, sei auf beiden Seiten ein unbequemer Bürger gewesen. Dann gab er mich noch den folgenden Satz mit, auf dem ich noch kilometerlang rumkaute: "das haben die schon sehr perfide eingefädelt, dass alle immer arbeiten und gar keine Zeit mehr haben, sich Gedanken zu machen und eventuell unbequem zu werden".
Durch Füssen führt teilweise ein kleiner idyllischer Radweg, der erahnen lässt, dass es hier einmal schön war. Der endet bei einer Konditorei, die leckeren Apfelstrudel backt und ansonsten ein Tortensortiment aufweist, mit dem man eine prima römische Orgie veranstalten könnte. Ich bliebt beim Apfeltstrudel und ließ Füssen dann schnell hinter mir. Zu viel brüllender Verkehr und in der Füßgängerzone zu viele endgenerve und totgelangweite Menschen, die nach Stunden im Stau und Parkplatzsuche endlich ihr Auto parken konnten. Irgendwie bin ich sicher, Füssen ist für die hohe Scheidungsrate in Deutschland mitverantwortlich. Aber leckeren Kuchen haben die da....
Dann fuhr ich immer weiter den Lech rauf. Das radelte sich so schön, dass ich bei Reutte die Abzweigung zum Fernpass verpasste. Als ich nach einem kurzen Wettrennen mit eine E-Bikerin meinenFehlereinige Kilometer später bemerkte, kam mir die Idee, ich könne ja auch über das Hantenjoch nach Imst fahren. Nach kurzer schlechter Recherche dachte ich Fernpass 1250 Höhenmeter, Hantenjoch1350Höhenmeter und viel kürzere Strecke. Also schrieb ich das schon mal in whatsapp an Dagmar und Jürgen und warf noch ein paar M&Ms ein. Dann wunderte ich mich doch etwas über Jürgens Antwort,derdas Hantenjoch in seiner Whatsapp-Antwort als "Bermudadreieck der Radfahrer" bezeichnete. Also guckte ich noch mal nach und siehe da, es sind weit über 1800 Höhenmeter mit Steigungen über 18%.Icherinnerte mich an mein Gekeuche den Ventoux hoch, bedachte das Gewicht meiner Ausrüstung, erwog die entzündete linke Archillissehne und beschloss dann, Rückzug ist angesagt. Also zurück nachReutte und über den Fernpass. Das zieht sich dann noch ganz schön lang hin. Erst hoch, dann wieder runter nach Leermoos und dann wieder rauf. Die letzten Kilometer mit viel schlechterSchotterstrecke.Die totale Genugtuung war dann der Autostau mit Totalstillstand auf dem Pass. Freie Fahrt für freie Bürger dache ich mir und keuchte langsam weiter nach oben.
Am Pass angekommen traf ich Brigitte und Andrea aus Nürnberg, die, wie jedes Jahr, ihr Männer zuhause in Nürnberg ließen und sich mit minimalster Ausrüstung und leichtesten Mountainbikes aufAlpenüberquerung begaben. Natürlich war ich mit meinem Schwertransport und LKW-Fahrrad sofort Gesprächsthema und gut organisiert, wie man es eben ohne Gepäck sein muss, verhalfen sie mir mit einemTelefonat in Ihrer Herberge in Nassereith eine günstige Übernachtung. Da rollten wir dann über das spaktakuläre Stück alte Römeratrasse hin. Wirklich eindrucksvoll sind die heute noch sichtbarenAuskerbungen der Räder römischer Fuhrwerke in den Steinen.

Das ist auch die Johann-Handgelenk-Gedenstrecke. Denn die Kombination aus steiler Abfahrt, ermatteter Konzentration, fiesem Schotter und den berüchtigten und gefährlichen Klick-Pedalen führte vor zwei Jahren bei Johann zu einem vorzeitigen Venedigtourabbruch. Ich glaube seitdem, dass die Kombination Barfuss, Sandale und Pedale einen weiter bringt. Aber das Thema Klickpedale ist sicher nicht nicht zuende diskutiert.
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12.8.2017 - von Augsburg zum Schmuttenweiher

In Augsburg (am11.8.) war ich am Abend mit Christian S. verabredet. Beim gemeinsamen Essen tauchte ich langsam wieder in der Stadtzivilisation auf. Trotzdem wurde ich recht früh müde undschlieferneut wie ein Stein.

Am nächsten Tag besuchte ich morgens zunächst den reichsten Mann der Welt.

Jakob Fugger. Ich glaube, als Unternehmer kann man ne Menge von ihm lernen. Ob die Fuggerei nur eine Alibi Corporate Social Responsibility Maßnahme im 16. Jahrhundert war, oder ob die wirkliche Absicht Weltverbesserung war, kann ich schwer einschätzen. Jedenfalls wohnen auch heute dort viele Menschen für einen Gulden Miete im Jahr. Das entspricht 88 Cent. Offenbar wurde also da nicht mit Zinsen gerechnet. Die Warteliste ist lang, Voraussetzungen für die Aufnahme ist, katholisch sein (check) und zwei Jahre in Augsburg wohnhaft sein. Dazu fehlten mir aktuell noch 729 Tage, also fuhr ich weiter.
Die Tour ging dann am Lech entlang unter Auslassung größerer Steigungen weiter. Wetter bedeckt ohne Regen. Unterwegs immer wieder interessante Begegnungen wie der Tandem Schwertransport oder die Family and Friends Truppe aus Hongkong, die ihren Europaurlaub auf dem Sattel verbringen. "It was the idea of the men" wurde mir auf Nachfrage gesagt. Irgendwie lustig, dass die Galaxientouristen das Land per Rad erkunden während die Deutschen mit über 100PS vorbeirasen. Ich fand die Honkonger ziemlich cool, wie sie mit Gepäck und frohlich nach google maps navigierend durchs Land rasten.
Gegen Abend habe ich mir dann vorgenommen, im Zelt zu übernachten und endlich meinen selbst gebastelten Ikea Hobo Stove zum Kochen zu verwenden. Das meiste Holz, das ich fand war recht feucht. Gingaber dann doch. Und der Platz am Anglersee (der Schmuttenweiher) etwa 10km vor Füssen war sehr idyllisch. Ich hatte sogar eine Zeltnachbarsfamilie aus Tirol. Es gibt es also doch noch, das nicht ganz so Regulierte undÜberorganisierte. Einen Hauch von Freiheit. 
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11.8.2017 - Trip Donauwörth --> Augsburg

Schon der Start in den Tag legte sein Motto fest. Pennen und Trödeln. Und Musik. Wozu habe ich die dicken Kopfhörer denn mitgenommen. Am Anfang gegen kurz nach neun und über 10 StundenSchlafen kamdas Frühstück. Und mit dem Frühstück von Frau Graf wird klar, das Zeit nicht linear verläuft. Auch ohne tieferes Verständnis von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie war klar, dassdiesesFrühstück direkt aus den Sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts kommt. Dem Frühstück widme ich den Beatle Song "I am the walrus". Walrus day, hiermit ernenne ich den 11. Augustzumeinempersönlichen Walrus Day.
Nach dem kleinen Lochfund gestern im Regen am Vorderrad (Bei der Erschöpfungspause an der Kapelle) dachte ich, ich müsse noch flicken. War aber nicht so (erst am Nachmittag in Augsburg). Ich nutzte die gewonnene Zeit um vor der Villa Graf noch ein bisschen an der Donau abzuhängen, den Schwalben beim Tiefflug zuzugucken und Musik zu hören. Nach tagelangem Radfahren ist Musikhören wie ein Rausch. Ich habe damit den ganzen Tag nicht aufgehört. Auf meinem Trip begleiten mich 3 Doors Down, Beatles, CH Ramone (kotz), Elektric Youth, Waldfrieden, Fasch und die Camerata Köln, Billy Bragg, Basta,2raumwohnung, Big Eyes und viele mehr. 
Gegen11:00: Endlich schwinge ich mich müde aufs Rad, fülle noch etwas Blitz-Luft an der Tankstelle ein und muss dann nach einigen Kilometern unter einer Brücke schon wieder halten. Da steht so'n endgeiles Korbsofa. Wer immer das in dieser tristen Betonwüste ausgesetzt hat, war ein Poet. Sofas und Zeitschleifen. Erst langsam komme ich weiter.
Der Trip geht weiter. Es regnet fast, aber nur fast. Und diese Regenverzögerung hat was anregendes und die Musik ist trippig. Nach wenigen Kilometern mache ich zwischen Lech und Lechkanal meine Mittagspause. Stullen aus den 60ern, Studendenfutter aus den 80ern und bunte Schokopillen aus der nahen Zukunft.
Auf den letzten Metern nach Augsburg geht meinem Rad die Luft aus. Jetzt heißt es dann doch Flicken. Mit letzter Luft im Vordereifen schleichfahre ich zur nächsten Tankstelle. Tankstelle ist immer gut, weil bei den Monsterreifen  iist Pumpen total anstrengeng und verbraucht wertvolle Kalorien. Darum such ich mir bei Platten iimmer schnell ne Tankstelle aus Googlemaps, möglichst, bevor die letzte Luft raus ist. Denn: schieben geht gar nicht!

Augsburg ist irgendwie cool. Ich glaube, Augsburg ist eigentlich das Herz Deutschlands, mir all den Fuggern und so.
Eine kurz Radfahrt geht zuende, ein guter Trip hält an.
:-)
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10.8.2017 - vom Kloster Weltenburg nach Donauwörth

Kloster Weltenburg am Morgen. Bedekter Himmel, kühl und ich fühle mich ausgepowert.
Die Lage des Klosters ist der Hammer. Vom Baden wird mit Schildern mit beängstigenden Texten abgeraten. Starke Strömung und Lebensgefahr, sieht aber verlickend aus.

Ab da dann bis Mittags in Ingolstadt eine langweilige Strecke mit langweiligen Wetter und einem kanalisierten, befriedetem und letzendlich bezwungenem wilden Fluss. Ich finde zwei Kraftwerke am spannendsten und frage mich, was des Fluss wie schnell machen wird, wenn keine Menschen sich um die Dämme kümmern...
Mittagspause in Ingolstadt in Entengesellschaft.
Bei der Weiterfahrt taucht plötzlich kurz vor Neuburg an der Donau ein Schloss aus dem Nichts auf. Schön, und irgendwie unerwartet. Ich mache einige Fotos und ebenso lautlos, wie das Schloss aus dem Nichts auftauchte, entschwand es auch wieder.
Das schöne Neuburg an der Donau erreicht man über eine unglaublich charmbefreite und laute Landstrasse. Ich fahre an den Eternit-Werken vorbei. Eternit gibt es also noch. Ich hatte mit solchen Baumaterialien zuletzt vor 12 Jahren zu tun und musste für die Entsorgung unerwartet viel Geld bezahlen. Aber vielleicht verwechsele ich hier auch astbestbelastete Altlasten aus meinem Hausumbau mit dem ewigen Erernit.
Auf der Landstrasse überholte mich dann auch dinnernd ein Eternit-Laster, der rundum mit dem Firma loho verziert war. Keine Scham also auf dem Laster.
Zurück zu Neustadt. Ich bin kurz den steilen Anstieg in die Stadt raufgeradelt und hab diese Bilder genacht:
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